Hinrich Busch

Hinrich Busch ist der leibliche Vater Trinke Preetzens. Sie, ihrerseits von Anje Preetzen als Hexe benannt, gibt unter Folter Hinrich Busch als Hexen-Lehrmeister an. Der auf Hinrich Busch lastende Verdacht wird nicht neu gewesen sein. Sein Leumund ist miserabel. Er ist verschwägert mit Teke Busch, die 1668 wegen Hexerei zum Tod verurteilt wurde. Auf diese familiäre Beziehung nehmen die Verhöre Bezug. Teke wird als Hinrichs Lehrmeisterin bezeichnet. Busch scheint 1676 bereits ungewöhnlich alt zu sein. Er erwähnt im Verhör die „Kayserlichen Kriegszeit“. Der Bezug auf diese Zeit erstaunt, denn der sog. Kaiserlich Krieg fand 1626 – 1629 statt. Kurz danach will er dem Teufel erstmals begegnet sein. Busch dürfte 1676 ungefähr 70 Jahre alt sein – für einen einfachen Mann aus dem Volk ein beträchtliches Alter.

Die Kieler Steuerregister verzeichnen Hinrich Busch seit 1673. Er arbeitet als „Schütter“, also städtischer Viehhirte. Er ist zuständig für Weidegerechtigkeit und muss zählen, ob niemand zu viel Vieh auf die Stadtweide schickt. Für Pferde, Kühe und Schweine sind laut Register andere Personen zuständig. Mutmaßlich waltet Busch über Ziegen. Gemessen an seinem vormaligen Beruf – er war Schmied – ist das ein beträchtlicher sozialer Abstieg. Er steht ganz unten in der Hierarchie städtischer Beamter, aber immerhin ist er überhaupt Kieler Bürger. Er ist wohnhaft außerhalb der Stadttore: in der Sandkuhle vor dem Holstentor.

Als Schütter gehört Hinrich Busch zur Zeit der Hexenverfolgungen einer Risiko-Berufsgruppe an. So jemand wird argwöhnisch beäugt, denn sein Tätigkeitsfeld liegt vor den Toren der Stadt, im unkontrollierten Gebiet, in der Natur, wo dem Aberglauben nach auch die Dämonen wohnen. Die Verantwortung eines Schütters ist groß: Wenn das Vieh stirbt, werden Schuldige gesucht, und es stirbt viel Vieh, wenn eine Seuche ausbricht. Kiel erlebt in diesen Jahren immer wieder „schlechte Jahre“ mit langen Wintern: Im Frühjahr ist das Vieh zu schwach, um selbst auf die Weide zu laufen. Es wird auf Tragewagen auf die Weide geschleift.

Hinrich Busch wird nach seiner Verhaftung am 20.6.1676 untersucht. Man sucht und findet eine taube Hauptstelle. Sie wird als Stigma, als Hexenmal identifiziert. Er wird gefoltert. Sieben Tage verstreichen – mutmaßlich in der Büttelei – zwischen Verhaftung und lauter Geständnissen. Hinrich Busch gesteht: Ein unbekannter Mann namens Joachim kam zusammen mit dem Satan (genannt „Splittohr“) zu Hinrich auf die Bruhnesrade (dabei handelt es sich nicht um die heutige Straße Brunsrade, sondern um eine Flur in der Kieler Feldmark); Hinrich Busch habe mit dem Satan „gebuhlt“ und „Saat und Pulver empfangen“ – von „Pulver“ sprach auch Buschs Schwägerin und „überführte Hexe“ Teke Busch. Hinrich Busch gesteht ferner, er habe Vieh und Menschen geschädigt und umgebracht.

Urteil gegen Hinrich Busch (Obergerichtsprotokoll) am 30.6.1676


Obergerichtsprotokoll der Stadt Kiel Nr. 7, 1674-1679 p. 239, not. chart. coaev.
© Stadtarchiv Kiel.

Quelle: Stadtarchiv Kiel, Protokoll der Stadt Kiel Nr. 7, 1674-1679 p. 237-238, not. chart. coaev.

Publicatum Kihl den 30. Juni 1676.
In (solcher) peinlicher Inquisition undt Halsgerichtssachen des Niedergerichts hieselbsten von Ambtswegen Inquirenten an einen, entgegen undt wieder Hinrich Buschen, dieses Ohrtes gewesenen Schüttern, Inquisiten andern theils, in puncto veneficii Sprechen Bürgermestere undt Rath der Stadt Kihl auff vorgegangene undt vernommene vieljehrige Berüchtigungh, daruff beschehene Denunciation und ferners angestalten förmlichen Inquisition hiemit für Recht: Demnach gedachter Inquisitus Hinrich Busch nicht allein von selbsten sich zu der Hexerei bekandt, sondern auch folgendes nach vorgenommener rechtlichen Examination, und vorgehaltene Fragstücke freywillig zugestanden, daß er seinen Erinnern und Bedünken nach albereit eine geraume undt zwahr nach der Keyserlichen Krigszeit durch einen unbekandten Man nahmens Joachim in der zu der Hexerey verführet worden, der auch mit dem Satan, so sich Splittohr geheißen, in Mannes Gestalt auf dem Bruhnesrade zu ihm gekommen undt einen guten Morgen gesaget, da er sich auff deßen Zureden von Gott, mittels deßen Verleugnungh, ab- undt demselben sich ergeben, einen Bundt mit ihm gemacht, mit demselben gebuhlet, Saat und Pulver von ihm empfangen, dadurch er Menschen und Vieh beschediget undt umbgebracht, bey welcher Außage er bestendigh verblieben undt dieselbe in keinem revoxiret, das er derentwegen solcher begangenen undt zugestandenen gröb- und ergerlichen Unthaten undt Verübungen nach Inhalt Gött- und weldtlichen Rechtens, absonderlich der peinlichen Halsgerichtsordnungh, ihm selbst zu wohlverdienter Straffe undt andern zum Abschew mit dem fewer vom Leben zum Tode gebracht werden soll, gestalt er in Krafft dieses dazu verdammet wird. V[on] R[echts] u[nd] G[erichts] w[egen].