Diacon Mag. Gabriel Wedderkopp

Gabriel Wedderkopp ist 32 Jahre alt, als er die Verurteilten zur Richtstätte begleitet: ein junger, nicht mehr ganz junger Mann. Immerhin ist er seit fünf Jahren als Diacon im Amt, trägt seit fünf Jahren die Magisterwürde, ist seit vier Jahren verheiratet mit der Tochter des amtierenden Archidiacons Matthias Burchard – und zwar in zweiter Ehe, nachdem Wedderkopps erste Frau bereits 1670 starb.


Gabriel Wedderkopp, Diacon. Epitaph in der Kirche St. Nikolai Kiel.
Entstanden 1696. Foto 1942.
© Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein.

Diacon Mag. Gabriel Wedderkopp wird die Aufgabe zuteil, seinen kränkelnden Schwiegervater bei der Hinrichtung am 30.6.1676 in Kiel zu vertreten (gemeinsam mit Klosterpastor Martin Bützer) und Trinke Preetzen sowie Hinrich Busch – womöglich auch Anje Preetzen? – auf die Richtstatt zu begleiten. Er ist seiner Position sicher genug, Bedingungen zu stellen, die uns Nachgeborene verwundern: Die Geistlichen fordern einen Wagen ein, wollen also nicht zu Fuß zum Richtplatz gehen. Aus Sorge um das eigene Ansehen? Aus Angst vor dem Mob? Das wird nicht ganz deutlich. Dass es sich nicht um eine Formalität handelt, geht allein daraus hervor, dass die Gerichtsprotokolle in bemerkenswerter Ausführlichkeit diese Auseinandersetzung zwischen Geistlichkeit und Ratsherren abbilden. Der Rat willigt schließlich ein.

Am Morgen des 30.6.1676, des Hinrichtungstages, bekommen die Verurteilten das Heilige Abendmahl (genannt Nachtmahl). Ob Gabriel Wedderkopp oder Martin Bützer dieses geistliche Amt versehen, bezeugen die Quellen nicht, aber einiges spricht für Wedderkopp: Er ist höherrangig und älter als Bützer. Zudem ist Wedderkopp als Diacon zu St. Nicolai auch zuständig für die Predigten in der Kapelle Sankt Jürgen, jenem Gotteshaus vor dem Holstentor für die Armen und Ärmsten, Stadtfremde und Ehrlose, die keinen Zutritt haben zur Stadt.

Das Bildnis Wedderkopps mit der hochgezogenen Augenbraue macht ihn nicht eben sympathisch. Er erfreut sich nicht allerseits Beliebtheit in Kiel. Denn Gabriel, dieser jüngere Bruder des weithin berühmten Juristen Magnus Wedderkopp – der sieben Jahre älter, einer der ersten Kieler Professoren und im Jahr 1676 bereits Hof- und Kanzleirat des Lübecker Bischofs ist – hat durchaus Feinde. Professor Samuel Rachel bezichtigt Gabriel Wedderkopp, als Spion zum Landesherrn gereist zu sein, um dort für den älteren Bruder zu werben. Nun ja, S. Rachel war ein Intimfeind seines akademischen Konkurrenten M. Wedderkopp., der später noch zum gottorfischen Präsidenten aufsteigen wird.

In bescheidenerem Rahmen macht auch Mag. Gabriel Wedderkopp Karriere. Schon mit 21 Jahren sehen wir ihn 1665 in der Menschenmenge, die sich zur Gründung der Universität in Kiel versammelt. Da hat der junge Mann aus Husum bereits in Helmstedt studiert, ist nach Tübingen und Strassburg gegangen und nach Frankreich gereist. Zum Ableben seines Schwiegervaters Matthias Burchard wird er 1679 dessen Nachfolger und schließlich Hauptpastor. An Fruchtbarkeit ist er seinem Schwiegervater freilich unterlegen: Gabriel Wedderkopp, der 1696 mit 52 Jahren stirbt, hinterlässt 11 Kinder.